November 7, 2024
SV-Unterstellung bei Telearbeit – Flexibilität für Grenzgänger seit dem 1. Juli 2023
07. November2024 | Manuel Egli, dipl. Steuerexperte bei der OPES AG
Die Digitalisierung und das Arbeiten im Homeoffice haben die Arbeitswelt tiefgreifend verändert. Besonders die Corona-Pandemie beschleunigte den Trend zur Telearbeit, was zu einem erhöhten Bedarf an rechtlicher Anpassung führte, insbesondere für Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Vor der Pandemie gab es strikte Regeln zur Sozialversicherungsunterstellung, die für viele Unternehmen und Mitarbeitende unnötige Komplexität verursachten. Seit dem 1. Juli 2023 ist eine multilaterale Vereinbarung in Kraft getreten, die es erlaubt, dass Mitarbeitende bis 49.9 % der Arbeitszeit im Wohnsitzstaat verbringen können, ohne ihre Sozialversicherung im Staat des Arbeitgebers zu verlieren.
Hintergrund und Definition von Telearbeit
Unter Telearbeit versteht man Arbeitstätigkeiten, die ortsunabhängig über digitale Technologien ausgeführt werden. Vor dem 1. Juli 2023 war die maximale Zeit, die Grenzgänger im Homeoffice in ihrem Wohnsitzstaat verbringen konnten, auf 25 % begrenzt, ohne dass ein Sozialversicherungswechsel notwendig wurde. Diese Grenze war oft zu niedrig, um den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Die neue multilaterale Vereinbarung hebt diese Schwelle auf 49.9 % an, was besonders für Unternehmen und Mitarbeitende in der Schweiz und den umliegenden EU/EFTA-Staaten eine erhebliche Erleichterung bedeutet.
Neue Regelung seit 1. Juli 2023
Die Schweiz hat am 1. Juli 2023 gemeinsam mit mehreren EU- und EFTA-Staaten eine Vereinbarung unterzeichnet, die es ermöglicht, dass Grenzgänger bei einem Homeoffice-Anteil von weniger als 50 % weiterhin im Sozialversicherungssystem des Arbeitgebers bleiben. Die Vereinbarung gilt für alle Personen, die unter das Freizügigkeitsabkommen mit der EU oder das EFTA-Übereinkommen fallen, nicht nur für klassische Grenzgänger mit Ausweis G. Aktuell haben diverse Länder die Vereinbarung unterzeichnet, darunter die Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien
Voraussetzungen und Anwendung
Damit die Vereinbarung greift, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Sowohl der Wohnsitzstaat als auch der Staat des Arbeitgebers müssen das Abkommen unterzeichnet haben.
- Die Tätigkeit muss als Telearbeit gelten, d.h. sie wird digital unterstützt und ist ortsunabhängig. Tätigkeiten, die physisch vor Ort ausgeführt werden müssen, wie Kundenbesuche, fallen nicht darunter.
- Arbeitnehmende dürfen nicht mehr als 49.9 % ihrer Arbeitszeit im Wohnsitzstaat verbringen.
Antragstellung und Bescheinigung A1
Um diese Regelung anzuwenden, müssen Arbeitgeber in der Schweiz eine A1-Bescheinigung über die Plattform ALPS (Applicable Legislation Portal Switzerland) beantragen. Die Bescheinigung stellt sicher, dass die Sozialversicherungsunterstellung im Staat des Arbeitgebers bestehen bleibt und kann bis zu drei Monate rückwirkend ausgestellt werden. Diese Bescheinigung ist für maximal drei Jahre gültig und kann, sofern sich der Sachverhalt nicht ändert, verlängert werden.
Fazit
Das neue «Framework Agreement» bietet eine flexible Lösung für Grenzgänger und ihre Arbeitgebenden. Es erlaubt Mitarbeitenden, bis zu 49.9 % ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu verbringen, ohne dass ein Sozialversicherungswechsel notwendig wird. Dadurch entfällt unnötiger administrativer Aufwand und Unternehmen profitieren von mehr Flexibilität bei der Personalplanung.
Es bleibt wichtig, die Regelungen zur Sozialversicherung getrennt vom Steuerrecht zu betrachten. Unternehmen sollten sicherstellen, dass alle Voraussetzungen für die Anwendung der Vereinbarung erfüllt sind. Durch die langjährige Erfahrung der OPES AG im grenzüberschreitenden Sozialversicherungs- und Steuerrecht unterstützen wir Sie gerne bei der Umsetzung und individuellen Beratung.